Der erste Gedanke, der mir in den Sinn kommt, wenn wir über Garantien in der Psychoanalyse sprechen, betrifft die Zeit. Garantien sind immer auf die Zukunft gerichtet. Es scheint wohl so zu sein, dass ein Psychoanalytiker einige Garantien geben muss – jedenfalls, wenn ein Analysand sie verlangt – im Voraus. Garantien gehören in den Bereich der Prognostik. In der Psychoanalyse haben wir es jedoch mit einer anderen Zeitlichkeit zu tun, die nicht so sehr in die Zukunft geht, als vielmehr aus der Zukunft zurückkommt. Freud hat diesen Modus der Zeitlichkeit »Nachträglichkeit« [i. O. deutsch] genannt; der Satz »Garantien würde ich Ihnen nachher geben, nachträglich, nachdem wir die Analyse beendet haben« klingt absurd.
Wenn wir in der Psychoanalyse über die Zukunft sprechen, scheint es besser zu sein, Derridas Unterscheidung zwischen Zukunft (future) und dem Ankommenden (avenir) zu verwenden. Wir haben es mit einem unvorhersehbaren avenir zu tun, mit einer Chance zu kommen, anzukommen, und nicht mit einer programmierten, geplanten, vorherbestimmten Zukunft. Das Unbewusste gibt sich keinem Kalkül hin. In seiner fünften Einführungsvorlesung zur Psychoanalyse behauptet Freud, dass Träume einen Sinn haben, aber »in sehr vielen Fällen einen Sinn, der der exakten Forschung entgangen ist«.1 In der Psychoanalyse treffen wir auf ein unbewusstes Subjekt und nicht auf ein Objekt wissenschaftlicher Berechnungen, wir haben es mit Unvorhersehbarkeiten und Wahrscheinlichkeiten zu tun. Die Psychoanalyse ist eine Art hypothetische Praxistheorie.
Die Psychoanalyse gehört nicht zum positivistisch-techno-wissenschaftlichen, sondern zum ethisch-ästhetischen Paradigma. Es gibt keine Möglichkeit, im Vorhinein provisorische Schätzungen abzugeben. Welche Art von vorläufigen Garantien könnte die Kunst liefern?
Ein weiterer Gedanke zu Garantien in der Psychoanalyse. Die Wendung Garantien in der Psychoanalyse – klingt für mich wie eine Klausel aus einem Vertrag zwischen dem Klienten und dem Analytiker, als sei dieser Dienstleister. In diesem Sinne könnten Garantien eine Marktbeziehung voraussetzen; und die Psychoanalyse, die Garantien gibt, wäre dann Teil des Dienstleistungssektors des kapitalistischen Marktes.
Psychoanalyse ist ein soziales Band, eine spezifische Beziehung zwischen zwei Subjekten (in Wirklichkeit weit mehr als zwei, aber vereinfachen wir es), die asymmetrische Positionen einnehmen. Wie ließe sich im Voraus sagen, was geschehen könnte, in Bezug auf diese inkommensurable Beziehung, im Hinblick auf die Übertragung? Gehört die Übertragung zur Sphäre der Vorhersage? Ja, die meisten Menschen wollen die Zukunft (future) kennen, sie wollen eine Zukunft (future) haben, und kein auf sie Zukommendes (avenir); sie wollen prophetische Träume haben und an die Wettervorhersage glauben, auch wenn sie sich immer irrt. Mit anderen Worten, die Menschen ziehen es vor, besonders im Zuge der heutigen digitalen Enträumlichung, ein klares – gleichsam garantiertes – Bild der Zukunft zu sehen; sie wollen die Zukunft sehen, sie vorhersehen, sie kontrollieren.
Wenn wir im Prozess der Analyse irgendetwas garantieren könnten, würde das die Idee in Frage stellen, dass dieser Prozess in erster Linie eine Beziehung ist, auch wenn wir sie unmögliche Beziehung oder mögliche Nicht-Beziehung nennen. Wir können nicht vorhersagen, wie sich die Beziehung entwickeln wird, wir wissen nicht, welche Art von Übertragung entstehen wird.
Es liegt auf der Hand, dass einige Analysanden nach Garantien verlangen und nach Botschaften aus der Zukunft fragen. Sollen wir diese Forderungen erfüllen? Was sollen wir mit einer solchen Forderung wie der nach Garantien tun?
Der Begriff der Garantie setzt das Wissen über die Zukunft voraus. In der Psychoanalyse haben wir es jedoch mit einer ganz spezifischen Form des Wissens zu tun, nämlich nicht so sehr mit der positivistischen Information, sondern mit der negativen docta ignorantia. Mehr noch, im Seminar VII behauptet Lacan, dass der Analytiker nicht weiß, was er/sie in der Analyse tut: »Es gibt einen Teil an diesem Handeln, der ihm selbst verhüllt bleibt.«2 Wenn wir zumindest zum Teil nicht wissen, wie der Analyseprozess selbst funktioniert, wie können wir dann irgendwelche Garantien geben?
Seltsamerweise können wir dennoch einige Garantien geben. Zunächst garantieren wir, dass wir dem analytischen Prozess unsere Ohren schenken werden. Wir sind bereit, alles anzuhören, was während der Analyse gesagt wird, und wir garantieren, dass wir über das Gehörte keine Werturteile fällen werden. Und vielleicht könnten wir die Garantie geben, bestimmte Forderungen nicht zu erfüllen, auch wenn wir wissen, dass unser Platz in der Analyse der Platz des Objekts a ist, nicht nur als Objekt-Ursache des Begehrens, sondern auch als Objekt des überschüssigen Genusses.
In der Psychoanalyse behandeln wir singuläre Fälle. Wenn Freud von Konstitutionellem und Akzidentellem in der Psyche in der Psyche eines Patienten spricht, legt er die Betonung auf das letztere. Mir scheint, dass das Konzept eines Falls – Akzidenzien und Singularität eines Subjekts – der Möglichkeit von Garantie widerspricht.
Der Begriff der Einzigartigkeit selbst bietet kein Modell, auf dessen Grundlage wir Prognosen erstellen und Garantien geben könnten. Jeder Fall ist singulär und daher einzigartig und unvorhersehbar. Lassen Sie mich diese Notizen mit der sehr kurzen Schilderung eines Falles beenden, in dem Einiges von dem oben Gesagten anklingt:
Eine Frau kam zu ihrer Analysestunde und klagte, dass sie nicht wisse, wie sie wieder genießen könne. Nach einem halben Jahr machte ich sie darauf aufmerksam, dass dies nicht die erste Sitzung war, in der sie lachte und in der Analyse Lust empfand; außerdem erinnerte ich sie daran, dass die Analyse mit ihren Worten über ihre Unfähigkeit begann, fröhlich zu sein und zu lachen. Sie erwiderte, dass sie sich daran überhaupt nicht erinnere und dass sie eigentlich in die Analyse gekommen sei, um mir zu beweisen, dass die Analyse nicht funktioniere und ich ein inkompetenter Analytiker sei. Nach dieser Sitzung arbeiteten wir weitere fünf Jahre zusammen. In der letzten Sitzung sagte sie: »Ich glaube immer noch, dass die Psychoanalyse nicht funktioniert, aber gleichzeitig bewirken Sie hier eine Art Magie, denn bei mir hat sich nichts verändert, aber mein Mann und meine Kinder haben sich durch Ihren Einfluss radikal verändert.«
Aus dem Englischen übersetzt von Karl-Josef Pazzini und Sonia Simmenauer
Sigmund Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in ders., Gesammelte Werke, 17 Bde., London 1940–52, Imago, Bd. XI, 1940, 83.
Jacques Lacan, Die Ethik der Psychoanalyse. Seminar VII (1967), übers. v. Norbert Haas, Weinheim 1996, Quadriga, 347.